In diesen Tagen ist es nicht einfach, Nachrichten zu hören. Aus Selbstschutz schalte ich die Nachrichten ab. Corona, das Elend in Afghanistan u.v.m. Alles sind Nachrichten, die uns runterziehen. Ich habe mehrmals gehört: „Ich kann das nicht mehr ertragen!“ Und mir selbst geht es ähnlich.
Selbstkritisch werde ich aber, bei der Frage, ob ich den Hilferuf in der Not überhöre. Mir ist bei dieser Frage immer gleich ein Bild vor Augen, wo jemand sich abwendet von dem Bettler, der in einer wirklich realen Not ist. Er hält sich die Tasche vor das Gesicht, um diese Not bloß nicht wahrzunehmen.
Im Markusevangelium hören wir von jemanden, „der taub war“ (Mk 7,31-37). Was würde dieser Gehörlose sagen, der von Jesus geheilt wird, zu dem Verhalten Ohren und Augen abzuwenden von der Not? Hatte dieser Mensch selbst nicht einen riesigen Wunsch, alles wahrzunehmen mit den Ohren und Augen?
Ich spüre auf der einen Seite, dass uns wirklich die vielen Nachrichten von Nöten aber auch Versagen, die wir hören müssen, überfordern. Es geht über unsere Kräfte, täglich und häufig sogar stündlich diese Nachrichten zu hören und zu sehen. Auf der anderen Seite gibt es Nachrichten, die ich hören muss, weil sie sehr wichtig sind. Besonders der Hilferuf der Menschen in Not darf nicht überhört werden. Auch der Ruf aus der Natur in Not und Existenzangst ist lebenswichtig.
Vielleicht sollte ich mein Hören mehr kontrollieren, in dem ich mir Stille gönne. Mir hilft da zum Beispiel der Griff zum Gebetsbuch oder Gesangbuch. „Herr gib uns Mut zum Hören“ (Gotteslob 448/Evangelisches Gesangbuch 605) kommt mir in den Sinn. In der 4. Strophe heißt es: „Herr gib uns Mut zur Stille, zum Schweigen und zum Ruhn.“ (Text von Kurt Rommel). Ja, in der Zeit der vielen wichtigen Nachrichten, braucht es auch Mut, sich Stille zu gönnen und einfach auch mal auszuruhen von allen diesen Nachrichten. Es ist eine Herausforderung, alles zu hören, aber es ist auch eine Herausforderung in die Stille zu gehen und einfach mal in der Stille zu bleiben und auszuhalten. Vielleicht räume ich mir mal wieder eine Zeit oder mehrere Zeiten in der Woche oder am Tag ein, in der ich in die Stille gehe. Ich singe vielleicht dieses Lied für mich allein und bleibe einfach still für mich. Solche oder anders gestaltete oder gar nicht gestaltete Zeiten der Stille können mir Kraft geben für den Tag und die Woche.
Es geht nicht darum, in der Stille zu bleiben und das Hören abzuschaffen. Der Gehörlose im Markusevangelium mahnt uns die Sehnsucht nach dem richtigen Hören nicht aufzugeben. Aber die Atempause in der Stille hilft mir vielleicht, auf den Richtigen und das Richtige zu hören. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen gesegneten Sonntag.
Erik Richter, Wormbach, Pastor im Pastoralverbund Schmallenberg-Eslohe